Ein Schutzengel für Katze, Pferd und Co.
Silke Gramatzki-Wieczorek erhält das Bundesverdienstkreuz
Fuldaer Zeitung, 4. Juli 2025, Sophia Auth
Hainzell – Was einst mit einem Pferd begann, ist heute ein großer Lebenshof. Menschen aus ganz Deutschland – von Ostfriesland bis München – holen Tiere in Hainzell ab. Betrieben wird er vom Verein Verantwortung Leben, dessen Vorsitzende und Gründerin Silke Gramatzki-Wieczorek (59) ihr Leben dem Tierschutz gewidmet hat.
„Das ist doch gefälscht“, dachte Silke Gramatzki-Wieczorek, nachdem sie vor einigen Wochen einen Umschlag der hessischen Staatskanzlei geöffnet hatte. In dem Brief stand, sie habe den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland – besser bekannt als Bundesverdienstkreuz – erhalten. „Mein Mann
hatte direkt Tränen in den Augen und sagte ‚Du bekommst das Bundesverdienstkreuz‘“, erinnert sie sich. Ein Anruf bei der hessischen Staatskanzlei in Wiesbaden hat ihr genau das bestätigt.
Staatssekretär Michael Ruhl (CDU) hat ihr den Preis im Bürgerhaus Hosenfeld verliehen. „Ich wollte nicht, dass die Verleihung in Wiesbaden stattfindet, damit das Team die Möglichkeit hat, dabei zu
sein“, sagt sie.
Vor mehr als zwei Jahren habe sie jemand für die Auszeichnung vorgeschlagen. Wer aber hinter dem Vorschlag steckt, wisse sie nicht. Das Bundesverdienstkreuz ist nicht der erste Preis, den die Tierschützerin gewinnt. Sie wurde unter anderem mit dem Bürgerschaftspreis unserer Zeitung, dem Tierschutzpreis „Goldene Pfote“ der Organisation TASSO e.V. sowie dem „Goldenen Fressnapf“
ausgezeichnet.
Aber von Anfang an: Silke Gramatzki-Wieczorek engagiert sich seit mehr als 20 Jahren für Tiere. „Gott hat uns die Tiere anvertraut, nicht ausgeliefert“, sagt sie. Damals hat sie – während sie eigentlich eine Katze retten wollte – bei einem Bauern zwei Pferde entdeckt, die in einem sehr engen Stall standen, in dem sie sich nicht bewegen konnten. Mit der Unterstützung von Freunden und Bekannten kaufte sie
eines der beiden. Unterstellen durfte sie das Tier auf einem Hof, auf dem früher ein Viehhändler war. Als nächstes kaufte sie das zweite Pferd und nach und nach kamen immer mehr Tiere zu ihr.
„Irgendwann wurden wir gefragt, ob wir auch Tiere vermitteln“, erinnert sie sich. „Leute haben angefangen uns Katzen zu bringen oder gefragt, ob wir helfen können.“ 15 Katzen leben in der Regel
auf dem Hof in Hainzell, hinzu kommen Pferde und Hunde. „Wir vermitteln etwa 200 Katzen im Jahr, etwa 150 davon sind alte“, erklärt sie. Mehr als 3500 Tiere hat der Verein bereits an neue Besitzer
vermittelt und bei mehr als 4000 Tieren für eine Kastration gesorgt. Nächstes Jahr feiert der Verein seinen 20. Geburtstag.
Dass so viele Katzen nach Hainzell kommen, liegt unter anderem daran, dass sich die Tiere unkontrolliert vermehren können. „Wir brauchen unbedingt eine Kastrationspflicht für Katzen“, sagt sie.
Für Tierarzt, Futter und alle anderen Unterhaltungskosten braucht der Verein eine Menge Geld – Spenden. Die werden zum Beispiel über das Internet gesammelt.„Ich würde mir wünschen, dass die
Hundesteuer an Tierschutzvereine geht.“ Das Internet nutzt der Verein auch, um die Geschichten der Tiere zu erzählen. „Wir wollen, dass die Menschen wissen, worauf sie sich einlassen, wenn sie ein
Tier adoptieren“, sagt sie. Oft kann das Team die Geschichten der Tiere auch nach der Vermittlung weiter erzählen, da die neuen Besitzer immer wieder Fotos und Videos von den Tieren schicken.
Um all die Vierbeiner kann sie sich freilich nicht alleine kümmern. 42 Menschen arbeiten auf dem Hof, darunter vier Hauptamtliche, acht Minijobber und viele Ehrenamtliche. Zum Beispiel gibt es eine Katzen-Krabbel-Gruppe, die die Vierbeiner an Menschen gewöhnen, oder eine Tier-Taxi-Gruppe, deren Mitglieder Fahrten zum Tierarzt übernehmen.
Dabei sind auch Kinder und Jugendliche, die sich um die Tiere kümmern. „Die Mädels gehen jeden Tag mit den Pferden spazieren. Sie machen einen Plan, wer wann dran ist und kommen dann vorbei. Im
Stall sind alle ein Team. Die Kinder legen ihre Handys weg und kümmern sich nur um die Tiere.“
Original-Artikel:

