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"Gott hat uns die Tiere anvertraut, nicht ausgeliefert"

Tiere - entsorgt wie Müll

Tiere - entsorgt wie Müll

Tierschützer: Es fehlt an Achtung, Herz und Verantwortungsgefühl

 

Fuldaer Zeitung - 13.07.2010

Die Sommer-Reisezeit verschärft ein Problem, mit dem die Tierschützer in der Region tagtäglich konfrontiert sind: Unsere Wegwerf-Gesellschaft entledigt sich skrupellos ihrer Haustiere, als wären sie Müll.
 
Keine Lust mehr, es passt gerade nicht. Und wenn dann auch noch Probleme auftauchen, dann wird der „beste Freund“ ganz einfach vor die Tür gesetzt.
 
Gründe wie mangelnde Bildung, Erziehung, Verantwortungsgefühl und der Glaube, dass Tiere keine Seele haben, machen die Tierschützer aus der Region dafür verantwortlich, dass vor allem Kleintiere regelrecht weggeworfen werden. Wenn sie das Glück hatten, noch rechtzeitig gefunden zu werden, landen sie bei den Tierschutzvereinen, wie in den nachfolgenden Beispielen.
„Die Leute trauen sich was“, konstatiert Vorsitzende Anita Burck vom Tierschutzverein Fulda. Sie schildert einen schockierenden Fall, der sich gerade erst vorletzte Woche in der Rhön ereignet hat. Im Ebersburger Ortsteil Oberstellberg beobachtete ein Rentner nachmittags um 17:30 Uhr von seinem Balkon aus, wie ein roter Opel am Straßenrand hält, eine Frau aussteigt und einen Karton in den Straßengraben wirft. Nun raten Sie mal, was in dem Karton war?
 
 
 
Ein stattlicher schwarzer Hase – völlig gestresst, halb verdurstet und nur noch schwach atmend. Er überlebte nur weil sich der Zeuge, ein ehemaliger Landwirt, gleich um das arme Tier gekümmert hat. Glücklicherweise hatte sich der Mann auch die Autonummer notiert. Nun ermittelt die Polizei gegen die herzlose Tierbesitzerin. Das Aussetzen ist eine Ordnungswidrigkeit und wird mit einer Geldbuße bis zu 25 000 Euro bestraft.
 
 
 
Zur gleichen Zeit wird an der Vemelsruh in Fulda eine Katze gefunden – mit Katzengeschirr und Leine an einem Baum angebunden. Daneben ihr Katzenklo – gleich mit entsorgt. Nur Zufallsentdeckungen waren auch eine hochträchtige Main Coon-Katze und sieben Meerschweinchen, jeweils eingeschnürt in einen Sack und weggeworfen.
 
Geldnot und Überforderung
 
„Ich bin Hartz IV, ich kann mir das Tier nicht mehr leisten“: 69 Prozent der Tiere im Tierheim werden mittlerweile mit der Begründung „finanzielle Not“ abgegeben, hat der Deutsche Tierschutzbund ermittelt. „Ich kann es nicht mehr hören“ winkt Inge Rotter ab.
 
 
 
Diese Entschuldigung hat die Frau, die in den vergangenen acht Jahren für die Hunde im Tierheim zuständig war, allzu oft gehört, als dass sie den ihres Erachtens meist vorgeschobenen Grund noch glauben, geschweige denn akzeptieren könnte.
„Ehe ich mich von einem Familienmitglied trenne, gehe ich doch Tag und Nacht putzen und sehe, wo ich Geld einspare, damit ich mein Tier versorgen und ihm helfen kann, wenn es krank wird“, spricht die Besitzerin dreier eigener Hunde wahren Tierfreunden aus dem Herzen.
 
 
 
„Gewiss gibt es Menschen, die in Not geraten, und sich nicht mehr zu helfen wissen, wenn dann auch noch das Tier krank wird“, räumen Inge Rotter, Anita Burck und Silke Gramtzki vom Tierschutzverein „Verantwortung Leben“ ein. Die werden dann auch nicht allein gelassen. „Wenn man erkennt, denen geht es nur um das Wohl des Tieres, dann setzen wir uns mit Tierärzten in Verbindung und helfen so gut es geht“, versichern Burck und Gramatzki.
 
 
 
Fakt ist, dass die Tierschutzvereine mit einer zunehmenden Zahl von Menschen konfrontiert werden, die mit ihrer eigenen Lebenssituation viel zu sehr überfordert sind, als dass sie auch noch Verantwortung für ein Lebewesen übernehmen könnten.
Am Wochenende und auch mitten in der Nacht, bekommen Tierschützer Anrufe von verzweifelten Menschen, wie den einer Frau aus Hofbieber. Sie habe drei Katzen und kein Futter mehr. Die Tiere müssen sofort abgeholt werden.
 
 
Am nächsten Tag dann der Anruf einer Sozialeinrichtung: Die Katzenbesitzerin sei nach einem Selbstmordversuch in der Psychiatrie und die Tiere müssten auf der Stelle aus der Wohnung. Tierschützerin Heike Schäfer fährt hin und holt aus einer völlig zugemüllten Messie-Wohnung drei alte kranke Katzen.
 
 
 
Mehr Eigenverantwortung und vorausschauendes Handeln bei der Anschaffung von Tieren wünschen sich alle Tierschutzvereine.
Denn sie sind keine öffentliche Einrichtung, auf deren Leistungen man Anspruch hätte, sondern ein Häuflein von idealistischen Ehrenamtlichen, die sich mit größtem Einsatz und viel zu wenig Spendengeldern mühen, das Elend der Tiere zu mildern.
Denn diese unsere Mit-Geschöpfe sind die schwächsten überhaupt – dem Menschen auf Gedeih und Verderb ausgeliefert.  
 
(Fuldaer Zeitung, Iris Hartl)